Friedrich Sertürner – Der Entdecker des Morphiums
Friedrich Sertürner gelang 1804 die bahnbrechende Entdeckung des Morphiums (später Morphin) in Paderborn. Noch heute ist das Mittel unverzichtbar in der Schmerztherapie, doch lange bekam er nicht die verdiente Anerkennung. Eine Geschichte von erfolgreichen Umwegen, Selbstversuchen, die fast zum Tod führten, und einer Entdeckung, welche die Medizin veränderte.
Fast wäre alles anders gekommen …
Beinahe hätte Friedrich Wilhelm Adam Sertürner nie die große Entdeckung gemacht, für die er später so berühmt wurde. 1783 hatte er im Fürstbistum Paderborn das Licht der Welt erblickt, genoss eine Schulbildung und naturwissenschaftlichen Unterricht durch seinen Vater. Dieser war Landvermesser und Architekt im Dienste des Fürstbischofs und genau das wollte Friedrich auch werden. Aber dann kam alles anders: Als Friedrich 15 Jahre alt war, starb sein Vater und hinterließ die Familie mittellos. So konnte sich Friedrich kein Studium leisten und trat mit 16 Jahren stattdessen eine Lehre beim Paderborner Hofapotheker Franz Anton Cramer an. Noch konnte er nicht ahnen, dass er hier eine der bedeutendsten Entdeckungen der Medizingeschichte machen würde…
Eine sensationelle Entdeckung: Das Morphium!
Sertürner erwies sich als talentierter und neugieriger Lehrling. In ganz Europa versuchten Wissenschaftler zu jener Zeit, Pflanzenstoffe in ihre chemischen Bestandteile zu zerlegen. Bislang ohne Erfolg, doch dem jungen Sertürner sollte es gelingen, die renommiertesten Pharmazeuten seiner Zeit alt aussehen zu lassen. 1804 experimentierte er mit der bekannten Droge Opium aus der Mohnpflanze. Seit Jahrhunderten war die betäubende Wirkung des Opiums bekannt, doch niemand wusste, was chemisch diesen Effekt auslöste. Viele vermuteten eine Säure, doch Sertürner entdeckte durch Hinzufügen von Ammoniak eine merkwürdige kristalline, alkalische Substanz. Nach einigen Versuchen war er sich sicher:
Ich glaube, mit Gewissheit schließen zu dürfen, dass die große Reizbarkeit des Opiums von diesem besonderen krystallisierbaren Körper herzuleiten ist.
Friedrich Sertürner
Nachdem ihm die Isolation des Stoffs gelungen war, taufte er ihn aufgrund der betäubenden Wirkung Morphium (später Morphin) — nach Morpheus, dem griechischen Gott der Träume. Er hatte damit nicht nur ein bis heute unverzichtbares Opiat für die Schmerztherapie entdeckt, sondern war auch der Erste, der ein Alkaloid — natürlich vorkommende chemische Verbindungen — isoliert hatte. Damit konnten Wirkstoffe exakt dosiert werden und die experimentelle Pharmazie wurde so erst ermöglicht.
Ein Selbstversuch führt fast zum Tod
Eine bahnbrechende Entdeckung! Doch zunächst interessierte sich kaum jemand dafür. Sertürner erprobte die einschläfernde Wirkung des Stoffs an Hunden und Mäusen, ehe er sich einem Selbstversuch aussetzte: Zusammen mit drei Freunden nahm er allerdings eine so hohe Dosis, dass er nur dank eines Brechmittels überlebte.
Der Erfolg war schnell und im höchsten Grade entschieden. Er zeigte sich durch Schmerz in der Magengegend, Ermattung und starke an Ohnmacht grenzende Betäubung. Liegend geriet ich in einen traumartigen Zustand.
Friedrich Sertürner
Später Ruhm für Friedrich Sertürner
Erst 13 Jahre später wurde auch die internationale Öffentlichkeit auf Sertürners Entdeckung aufmerksam. Seine Publikation in den Annalen der Physik wurde ins Französische übersetzt und Frankreich galt damals im Bereich der Chemie als die führende Nation. Erst auf diesem Umweg erkannten auch deutsche Wissenschaftler den Wert von Sertürners Entdeckung an, sodass er mit seiner Arbeit über Morphin 1817 in Jena promovieren durfte.
Ist Sertürner wirklich der Entdecker des Morphiums?
Sertürners Ruhm erfolgte spät, aber nun schien er endlich die verdiente Anerkennung zu bekommen: Er wurde Mitglied vieler wissenschaftlicher Gesellschaften und 1841 Ehrenmitglied des norddeutschen Apothekervereins. Doch die Entdeckung des Morphins durch Sertürner wurde auch von einigen angezweifelt: Den Franzosen Bernard Courtois und Armand Séguin gelang 1804 ebenfalls die Isolation des Morphins. Allerdings veröffentlichten sie diese erst 1816, sodass die französische Akademie der Wissenschaften die Entdeckung Sertürner zuschrieb. Er wurde 1831 mit dem angesehenen Prix Montyon ausgezeichnet.
Bitteres Ende – mit Morphium …
Die mangelnde und umstrittene Anerkennung seiner Arbeit über all die Jahre machte Sertürner verbittert, sodass ihn der Pharmaziehistoriker Meyer einen “misstrauischen Sonderling” nannte. Dennoch blieb er wissenschaftlich aktiv, veröffentlichte Chemiebücher, gründete eine wissenschaftliche Zeitung und arbeitete als Apotheker in Paderborn, Einbeck und Hameln. Er starb 1841 an den Folgen einer Gicht-Erkrankung, die er — natürlich — auch mit Morphin zu lindern versuchte.
Heute erinnern unter anderem die Sertürnerstraße, die Sertürner-Schule und die Sertürner-Apotheke namentlich an den Entdecker des Morphiums in Paderborn. Auch eine Gedenktafel an der ehemaligen Cramerschen Hofapotheke weist auf das Wirken Sertürners hin.
Wer noch mehr über Friedrich Sertürner erfahren möchte, kann sich auch den schönen Podcast von Branko Čanak hier downloaden: Herr Sertürner & das Morphium (MP3)
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