The Imitation Game im Kino Paderborn

The Imitation Game Paderborn

Das Drama The Imitation Game basiert auf dem Leben des britischen Mathematikers und Kryptoanalytikers Alan Turing. Das Heinz Nixdorf Forum Paderborn hatte 2012 eine Ausstellung zu Alan Turing veranstaltet, welche die Bedeutung des einflussreichen Theoretikers der frühen Computerentwicklung und Informatik beleuchtet. Zentral war dabei natürlich seine Rolle bei der Entschlüsselung von ENIGMA, der von Nazi-Deutschland eingesetzten Verschlüsselungsmaschine für Funksprüche. ENIGMA galt als unentschlüsselbar und das wird auch Alan im Filmdrama von Regisseur Morten Tyldum zu spüren bekommen.

„Habe ich Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit?“

„Habe ich Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit?“, hören wir Alan zu Beginn des Films aus dem Off fragen. „Es ist wichtig, dass ich Ihre volle Aufmerksamkeit habe, sonst werden Ihnen wichtige Details entgehen. Ich werde mich nicht wiederholen, also hören Sie genau zu!“ Wir wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, an wen Alan diese Aufforderung richtet. Er könnte eine Filmfigur um Aufmerksamkeit bitten, genauso aber auch den Zuschauer, der seiner Geschichte genau folgen soll. Und das ist gleich der erste geniale Effekt in The Imitation Game, denn auch wir als Zuschauer treten als Richter auf und urteilen über die Person Alan Turing und ihr Handeln. Und das in einer denkbar schwierigen Zeit: Der 2. Weltkrieg fordert millionenenfach Tote und die ENIGMA-Verschlüsselungsmaschine der Deutschen macht es den Alliierten nahezu unmöglich, die Kommunikation der Nazis zu entziffern. Fernab der Front bewerben sich Alan und eine handvoll Wissenschaftler derweil um einen geheimen Job beim Militär: Sie sollen jene ENIGMA-Maschine der Deutschen entschlüsseln und dem Krieg somit die entscheidende Wendung bringen.

Arrogant, autistisch, genial

Alan erscheint als autistischer und arroganter Wissenschaftler, der ebenso genial wie überzeugt von seiner Überlegenheit ist. Ironie und Redewendungen versteht er nur mit Mühe, soziales Verhalten ist ihm ein Rätsel. Er verhält sich anfangs unkollegial und reißt die Führung der Gruppe durch einen Brief an Winston Churchill an sich. Erst die charmante Joan Clarke, die eine eigentlich unmögliche Aufgabe bei der Einstellungsprüfung für den ENIGMA-Job schneller und geschickter löst als Alan, befreit Alan aus seiner teils selbstgewählten Isolation.

Eine unmögliche Maschine für eine unmögliche Maschine

Alan will für die Entschlüsselung der ENIGMA-Maschine eine eigene Maschine bauen, die man als Vorläufer eines heutigen Computers betrachten könnte. Mit den damaligen Mitteln scheint eine solche Umsetzung aber völlig unmöglich und als sinnlose Verschwendung der kostbaren Zeit, in der stetig weitere Todesopfer gefordert werden. Und selbst wenn die Entwicklung der Maschine gelingen und sie funktionieren sollte, würden die Wissenschaftler vor die Frage gestellt: Welche Menschen bleiben am Leben und welche nicht? Denn wenn die Alliierten auf alle entschlüsselten Funksprüche reagieren, würde den Nazis ziemlich schnell klar, dass ihre Maschine entschlüsselt wurde.

Verfolgung wegen Homosexualität

Ein weiterer Themenschwerpunkt ist Alans Homosexualität. Die wird in England — wie in vielen anderen Ländern auch — zu dieser Zeit noch als „Grobe Unzucht und sexuelle Perversion“ betrachtet. Die brutalen Ausmaße einer so verachtenden und normierten Sichtweise auf Menschen zeigt sich am Beispiel Alan Turings sehr deutlich: Er wird — so viel sei verraten — wegen seiner Sexualität nicht nur verfolgt, sondern auch verurteilt und zur chemischen Kastration gezwungen. Im Abspann heißt es dann, dass Turing 2013 von Elisabeth II. „begnadigt“ wurde — mit anderen Worten: Ihm wird seine Homosexualität postum nicht mehr übel genommen. Bereits 2009 hatte es dafür bereits eine Oline-Petition gegeben, aufgrund derer der damalige britische Premierminister Gordon Brown im Namen der Regierung die Verfolgung Turings bedauerte. Bis 2012 weigerte sich die Regierung von Browns Nachfolger David Cameron allerdings, Turing und weitere 49.000 Homosexuelle, die nach dem Criminal Law Amendment Act von 1885 verurteilt worden waren, postum zu rehabilitieren.

Genialer Benedict Cumberbatch wie in Sherlock

Schauspieler Benedict Cumberbatch ist bei der Verkörperung Alan Turings ganz in seinem Element: Viele werden ihn sicherlich als Sherlock aus der gleichnamigen BBC-Serie kennen und viele Wesenszüge wiedererkennen. Cumberbatch feierte 2004 seinen Durchbruch bei der Darstellung von Stephen Hawking in der Filmbiographie Hawking – Die Suche nach dem Anfang der Zeit (nicht verwechseln mit Die Entdeckung der Unendlichkeit) für die er als bester Schauspieler bei den BAFTA Awards ausgezeichnet wurde. Seither hat er an großen Filmproduktionen wie Der Hobbit, Star Trek und 12 Years as a Slave mitgewirkt. In The Imitation Game legt Cumberbatch eine oscarreife Rolle hin: In jeder Hinsicht überzeugend und authentisch stellt er die Filmfigur Alan Turing dar, die es schafft, den Zuschauer mit seiner Geschichte zu fesseln und gleichzeitig zwischen emotionale Hochs und Tiefs pendeln zu lassen. Auch Keira Knightley (Fluch der Karibik, King Arthur, Can a Song Save Your Life?) überzeugt in ihrer Rolle als Joan Clarke: Charmant, witzig und klug spielt sie den Charakter und lässt sie als Bindeglied zwischen Alan und seinem sozialen Umfeld fungieren. Matthew Goode spielt den ebenso charmanten und selbstbewussten Schachmeister Hugh Alexander, der als Frauen-Held und Schönling neben Alan die Führungsfigur im Team der Wissenschaftler ist.

Dürftige Kriegsbilder und Verzerrung der Fakten

Nicht so überzeugend sind dagegen die animierten Kriegsszenen, die zum Teil doch sehr nach Computer und Studio aussehen. Auch das authentische Bildmaterial verschiedener Kriegsszenen, das ebenfalls an einigen Stellen eingeblendet wurde, passt nicht richtig in den visuellen Rahmen und wirkt, als wenn man sich nicht zwischen künstlicher Animation und historischem Bildmaterial hat entscheiden können. Genauso verhält es sich mit der historischen Grundlage im Allgemeinen: Man darf von The Imitation Game natürlich keinesfalls erwarten, dass es sich hier um die geschichtstreue Nacherzählung handelt. Der Film basiert zwar in einigen Punkten auf historischen Fakten, aber Fiktion und Drama haben in vielerlei Hinsicht Vorrang. Das fängt beispielsweise mit dem Gebrauch von Tipp-Ex an, das zu dieser Zeit noch gar nicht auf dem Markt war, und endet bei Darstellungen, welche die britische Historikerin Alex von Tunzelmann als rufschädigend für Alan Turing bezeichnet.

Fazit: Oscarreif!

Abgesehen von kleinen Schwächen wurde The Imitation Game zurecht in 8 Kategorien für den Oscar nominiert. Hinzu kamen 5 Golden Globe Nominierungen und jede Menge positive Kritik aus der Presse. Was bleibt da noch zu sagen? Anschauen!

Update 23.02.215: Oscar für das beste adaptierte Drehbuch

Graham Moore, der Drehbuch-Autor von The Imitation Game, bekam gestern für den Film den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch. In den übrigen Kategorien hatten leider andere Filme die Nase vorn, zum Beispiel Die Entdeckung der Unendlichkeit oder Birdman.

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