Der Abstieg des SC Paderborn ist hausgemacht!

Abstieg SC Paderborn 2016

„Sie können es sich ganz dick an die Wand schreiben: Der SC Paderborn steigt nicht ab!“, tönte SCP-Präsident Wilfried Finke noch nach der Entlassung von Stefan Effenberg. Zum Glück hat ihn keiner wörtlich genommen. Denn der SC Paderborn ist als Vorjahres-Letzter der ersten Bundesliga nun wiederum als Tabellen-Schlusslicht der zweiten Liga direkt in die Drittklassigkeit weitergereicht worden. Und das wäre vermeidbar gewesen, denn finanziell stand der Verein nie besser dar — wie Finke und Co. nicht müde wurden zu erklären: Ein Jahr Bundesliga, Schuldenfreiheit und hohe Transfer-Erlöse — vor allem durch Uwe Hünemeier und Elias Kachunga.

Hohe Preise, viele Abgänge, wenig Leistung

Umso verärgerter waren viele Fans, als die Eintrittspreise die mit Abstand höchsten der zweiten Bundesliga waren. Der damalige SCP-Geschäftsführer und heutige Neu-Präsident Martin Hornberger begründete die Preise damit, dass man die Einnahmen benötige, „um vorne mitspielen zu können“: „Preislich bewegen wir uns da, wo wir sportlich hinwollen.“ Doch wirklich namhafte Verstärkungen wurden nach den Abgängen vieler Leistungsträger und Publikumslieblinge wie Hünemeier, Kachunga, Vrancic, Ziegler, Strohdieck, Rupp, Meha oder Brückner nicht geholt. Sportlich blieb man weit hinter den vollmundig angeheizten Erwartungen — und vor allem den Eintrittspreisen — zurück.

Der Penis-Skandal von Proschwitz

Nachdem Markus Gellhaus jene Erwartungen nicht erfüllen konnte, sollte es schließlich unter großem Medien-Getöse Stefan Effenberg richten. Nach kurzem Aufwind setzte sich die sportliche Misere allerdings fort. Es folgte der Penis-Skandal von Nick Proschwitz im Trainingslager von Belek. Auch wenn die betroffene Mitarbeiterin später angab, sich nicht sexuell belästigt gefühlt zu haben, war ein solches Verhalten inakzeptabel. Zumal Proschwitz kein unbeschriebenes Blatt mehr war: Bereits 2011 machte er durch eine Schlägerei in Paderborn Schlagzeilen.

Effenberg sollte nicht der Sündenbock sein!

Ob Effenberg nun die Vorfälle im Trainingslager von Belek angerechnet werden sollten oder nicht: Mit den wenig transparenten Suspendierungen verdienter Spieler wie Saglik oder Brückner und der fehlenden Trainerlizenz hat er sich sicher keinen Gefallen getan. Die Missstände, die Finke später nicht mehr ertragen konnte und als Grund für die Entlassung Effenbergs angab, allein dem Trainer anzulasten, greift allerdings zu kurz. Das Chaos beim SC Paderborn hatte auch nichts damit zu tun, dass es angeblich „typisch für Effenberg“ wäre. Es sei nur an 2009 erinnert, als ebenfalls der Sportliche Leiter, damals Christian Schreier, und wenig später Trainer Pavel Dotchev entlassen wurden. Mit Sercan Güvenisik, der bis dahin beste Torschütze der Paderborner, hatte es auch eine populäre Spieler-Suspendierung gegeben und mittendrin trat — welch Déjà-vu — Wilfried Finke als Präsident zurück.

Finke hat sich nicht professionell verhalten

Keine Frage: Der SC Paderborn hat Wilfried Finke viel zu verdanken. Nach dem Aufstieg in die erste Bundesliga wurde er auf dem Rathausplatz gefeiert — zurecht, denn ohne ihn wäre das kaum möglich gewesen. Jetzt ist er für viele der Buhmann — aber auch das ist durchaus verständlich. Wie Wilfried Finke sich nach der Entlassung von Effenberg über seinen ehemaligen Trainer geäußert hat, lässt an der Professionalität des Präsidenten zweifeln. Noch wenige Tage vor der Entlassung hatte er Effenberg eine Job-Garantie ausgesprochen. Während der Pressekonferenz zur Entlassung erklärte er dann, er habe die Negativ-Schlagzeilen nicht mehr ertragen können und werde nun dafür sorgen, „dass in dem Laden hier bis zum Ende der Saison verdammt nochmal Ruhe herrscht.“

Doch gerade dafür sorgte Finke nicht: Offenbar hielt er es für angebracht, in der Sport Bild ein Interview zu geben und gegen Effenberg nachzutreten. Mit Kommentaren wie Effenberg habe den SCP lächerlich gemacht und man hätte sich schon viel früher trennen müssen, widersprach Finke seinem eigenen Handeln. Der einzige, der sich auch nach der Entlassung professionell zurückhielt und keine weiteren Schlagzeilen provozierte, war Stefan Effenberg.

Finkes Problem mit Trainern

Hinzu kommt, dass es nicht das erste Mal ist, dass Finke für Unstimmigkeiten mit seinen Trainern sorgt: Jos Luhukay flüchtete 2006 regelrecht nach eigenmächtigen Handlungen des Präsidenten und der Sportliche Leiter und ehemalige SCP-Trainer Günther Rybarczyk schloss sich gleich an. Pavel Dotchev verklagte den Verein 2009 gar, nachdem er die Mannschaft erneut nicht in die zweite Liga führen durfte. Über André Schubert sagte Finke, er habe ein „Problem mit seiner Dünnhäutigkeit und mangelnder Kritikfähigkeit.“ Auch zwischen ihm und Stephan Schmidt gab es „unterschiedliche Auffassungen“, die 2013 zu seiner Entlassung beigetragen haben.

Spiegel: „Lehrbeispiel dafür, was man alles falsch machen kann.“

So sehr Finke auch Trainer zum SCP holte, die sich später einen großen Namen machten, so schwierig schien auch oft das Verhältnis zu ihnen zu sein. Noch einmal: Finke hat großen Anteil daran, dass Paderborn überhaupt einen Fußball-Club hat, der in den ersten beiden Bundesligen spielen konnte. Doch genauso groß dürfte sein Anteil am heutigen Scherbenhaufen sein. So verwundert es auch nicht, dass er etwa vom Spiegel als „Fußballpotentat“ bezeichnet wird, der „mehr Geld und Leidenschaft als fachlichen Fußballsachverstand“ besitze. Auch wenn das sicher ein etwas unfaires Urteil ist, dürften doch die meisten in der Meinung des Spiegels einstimmen, dass der Abstieg „mit selbstverschuldet noch harmlos benannt“ sei. Darüber hinaus sei er „ein Lehrbeispiel dafür, was man alles in Sachen Management, Außendarstellung und Vereinsführung so falsch machen kann.“ Und das geht auch in Richtung der Marketingabteilung: „Dass das Marketing dem Klub nach außen das Image der ‚Helden‘ aufgedrückt hatte, wirkte irgendwann nur noch fehl am Platz“, so der Spiegel. Viele Fans sahen das ähnlich, als sie am letzten Spieltag ein Transparent zeigten, auf dem zu lesen war: „Ihr Versager!“

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